Der stille Gott

Der stille Gott

Ist das ganze Leben nur Schicksal? Das Schicksal anzunehmen bedeutet noch lange nicht, sich damit abzufinden! Als Kind lebt man zunächst das Leben, das man früh übernommen hat. Danach beginnt dann der mitunter mühsame oder gar steinige Weg, aus dem Vorgelebten herauszufinden und sich den eigenen Möglichkeiten zu öffnen, um sich daraus eine eigene Entsprechung zu erschaffen. Ja, den Weg der Liebe kann nur jeder für sich selber finden! Und das erfordert bisweilen die Kraft der gesamten Willensfähigkeit.

Das Ringen um die Liebe ist auch ein Ringen um sich selbst! Ein mächtiges Gefühl, das alles durcheinanderwirbelt. Und wer einmal tief im Herzen von der Liebe ergriffen wurde, den läßt sie nie mehr los; das ist der Teil der Liebe, der sich gar noch im späten Alter bemerkbar macht, um daran zu erinnern, nicht zurückgelassen zu werden. Denn ein Gefühl kennt keine Zeit, und es möchte unter allen Umständen den göttlichen Impuls leben. Zudem war da einmal eine große Familie der Göttlichen, die mittlerweile in alle Winde verstreut ist, deren Mitglieder kaum noch etwas voneinander wissen und die sich seither suchen und sich meist nur schemenhaft wieder erkennen.

Der Mensch auf der Erde lebt in einem in sich geschlossenen und komplexen Lebensgefüge und unter einem dichten Energienetz mit einer riesigen Flut von Impulsen, durch die hindurch man Gott kaum noch wahrnehmen kann, und in dem sich viele nach mißlungenen Versuchen nur noch mit einem gewöhnlichen Alltagsglück begnügen oder sich irgendwann desillusioniert abwenden. Manche Menschen fühlen sich sogar von Gott und der Welt dermaßen enttäuscht, daß sie sich zum Teil heillos verschließen – oder schlimmstenfalls völlig aufgeben; meist mit dem Argument, daß das Leben eben nur Fügung oder Schicksal sein muß… Bitter ist nun allerdings, daß sie, bis auf wenige Ausnahmen, für niemand mehr zu erreichen sind. Zum Trost bei allem verlorenen Lebensmut: Es handelt sich hierbei lediglich um schmerzhafte Erfahrungen, die nicht unbedingt zu ähnlichen Wiederholungen führen müssen, die es jedoch unter Umstanden sinnvoller erscheinen lassen, sie in Zukunft zu vermeiden. Wenn dem nicht so wäre, ließe das den Schluß zu, daß alle Menschen gleich sind oder gleich reagieren.

Views: 3592

« zurück weiter »Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

1 Kommentar

  1. Das Beste, was ich bisher von Dir gelesen habe! Und dabei so wortgewandt und kreativ ausgedrückt. Und natürlich wie immer erbarmungslos den Finger auf die Wunde gelegt, dass es einen mit Erstaunen erfüllt. Danke auch für die ermutigende Vision einer besseren Welt, wenn wir die derzeitige Krise hoffentlich überstanden haben. Mögest Du recht behalten!

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert